Modifiziertes Achterstag mit Radarplattform

 

Der größte Eingriff in das Schiff dürfte die hier beschriebene Modifikation des geteilten Achterstags sein.

 

Lange sinnierte ich über die mögliche Integration eines Radarsystems und wo dieses am besten installiert werden könnte.

Am Mast wollte ich es nicht haben, weil mir die Optik nicht gefällt und das Vorsegel bei Wenden leicht Schaden nehmen kann.

Ein Geräteträger am Heck kam aus ästhetischen Gründen ebenfalls nicht in Frage.

Von der Fa. Scanstrut bekannt ist ein sündhaft teures Trägersystem, welches vom gespannten Achterstag abgestützt wird. Diese Idee hat mir sehr gefallen und zu nachfolgendem Konzept angeregt.

 

Die Grundideen:

  1. Eine Plattform für den Radom, welche vom geteilten Achterstag gestützt wird.
  2. Das geteilte Achterstag wird in VA-Rohre integriert.
  3. In den Rohren verläuft intern der Spannmechanismus.
  4. Die Rohre sind elektrisch isoliert gegen Masse.
  5. Eines der Rohre ist Teil der Achterstagantenne für den Kurzfellenfunk und elektrisch mit dem zum Masttop verlaufenden Achterstag verbunden. Es erspart dadurch den teureren unteren Achterstagisolator und das dorthin verlaufende Antennenkabel.
  6. Der Antennen-Einspeisepunkt für die KW ist direkt am unteren Befestigungspunkt des Achterstagrohres. Für die elektrische Antenneneinspeisung der KW können die Befestigungsschrauben für das am Heck angeschraubte Auge verwendet werden.
  7. Das zweite Achterstagrohr dient zur integrierten Kabelführung. Hier verlaufen die Leitungen für das Radom, die AIS-Antenne und das 12V-Kabel für die auf dem Bimini befestigte Solarmodule (s. Beschreibung Solarmodul)
  8. Der Achterstagspannmechanismus sollte beibehalten werden.
  9. An den Achterstagrohren unten soll eine Auflage für das Beiboot integriert werden. Die Grundidee dazu hatte ich schon in einer Vorgängerversion am Originalachterstag erprobt

 

Zur Konstruktion:

Da es sich um eine umfangreichere Konstruktion handelte, wurden alle relevanten Maße am Schiff ermittelt und in ein 3D-CAD-System (ProE) übertragen.

 

Alle mechanischen Teile wurden dann in Deutschland (offline) gefertigt und zum Schiff transportiert.

 

Das Konstruktionskonzept berücksichtigte, dass diverse Unsicherheiten in den Schiffsmaßen (einige Winkel und Längen konnten mit dem Meterstab nicht hinreichend bestimmt werden) durch einfache Anpassmöglichkeiten der Teile vor Ort ausgeglichen werden konnten.

 

Somit und Dank 3D-CAD-Technik gelang es, den Entwurf fehlerfrei und passend umzusetzen. Die Montagezeit vor Ort betrug 1 Tag für die Mechanik und 1 Tag für die Elektrik.

 

 

Gesamtansicht der realisierten Konstruktion

Hinweis: Die Querrohre unterhalb des Radoms simulieren die Lage der Biminirohre.

 

 

 

 

 

 

 

 

Radomplattform:

 

 

 

An den Austritts-Stellen der Dyneema-Spannleine sind die 25mm-VA-Rohre durch ein integriertes, innen  liegendes 22mm Rohr zusätzlich versteift. Diese verlaufen bis hinter die obere Abbiegung der Rohre, verrutschen dadurch nicht und versteifen auch diese.

 

 

Die Klemmklötze aus Kunststoff isolieren die Rohre vom Rest. Das linke Rohr ist gleichzeitig KW-Antenne. Es ist über das schwarze VA-Kabel elektrisch mit dem Achterstag (Antenne) verbunden.

Das Achterstag ist deshalb nur am Masttop mit einem Isolator versehen.

 

Die reckarme Dyneema-Achterstagspannleine wird an den Austrittstellen aus den Rohren durch VA-Schutzrohre gegen Aufscheuern geschützt.

 

AIS-Antenne:

 

Für AIS wurde anstelle eines UKW-Antennensplitters eine separate UKW-Antenne gewählt.

Da sich zwei Antennen auf dem Masttop stören, ist die AIS-Antenne an der Radomplattform installiert. Das Antennenkabel verläuft im Rohr integriert.

In Summe war eine 2. UKW-Antenne günstiger als ein Splitter und man hat eine komplett installierte Zweitantenne für den UKW-Seefunk als Backup.

Vorteilhaft ist ebenfalls, dass es keine Leistungsverluste durch den Splitter gibt, welche ja mit ca. 3 dB nicht unerheblich ausfallen.

Bzgl. der Reichweite von AIS ist die Antennenhöhe auf der Radomplattform vollkommen ausreichend.

 

 

Achterstagspanner:

 

Spannen über eine hochbelastbare und reckfreie Dyneema-Leine.

Diese verläuft in den Rohren. Der Orginalspanner ist am Rohr befestigt. Der Klemmblock für die Spannleine konnte ebenfalls erhalten bleiben.

 

Unterhalb des Spanners ist der ausschwenkbare Bügel für die Beibootauflage erkennbar.

 

 

Beiboot-Auflagebügel

 

 

 

Die Bügel sind ausklappbar und rasten im ausgeklappten zustand in deren Ringauflage ein.

Mit einer Leine wird das Beiboot festgezurrt.

 

 

Fernansicht mit aufgelegtem Beiboot

 

Sicherheitsbetrachtung:

Natürlich darf die Hauptfunktion des Achterstages, den Mast achterlich abzuspannen, niemals versagen.

Die vorgestellte Konstruktion dürfte in dieser Hinsicht besser sein als das Bavaria-Originalkonzept.

Für den Fall, dass die Dyneemaleine aus irgendeinem Grund reißen sollte, bleibt das Achterstag immer noch mit dem Rohrsystem verbunden, denn der Hahnepot kann nicht aus der Radarplattform gelangen und somit bleibt der Mast achterlich gesichert, solange nicht das Achterstag selbst reißt.

 

Fazit:

Das Gesamtkonzept hat sich nach mehr als 2000 sm mehr als bewährt.

Ich genieße es, wenn Gäste an Bord kommen und sich schon beim Betreten der Gangway an den Rohren festhalten. Sie leisten hier einen weiteren nicht geplanten Dienst.

 

Alle Kabel sind optimal aufgeräumt und geschützt.

Das Radom in geringer Höhe im Vergleich zur Mastmontage hat den Vorteil, dass sich auch direkt vor dem Schiff befindende Objekte erkannt werden, denn der Radarstrahl scannt nicht darüber hinweg.

 

Das ist meines Erachtens nach wichtiger als eine extreme Fernsicht!

Die Reichweite ist trotzdem je nach Seegang locker 10 und mehr sm, Gewitterfronten sieht man aus 20 sm, das reicht allemal.

 

In Verbindung mit AIS, welches alle Berufsschiffe mit Reichweiten deutlich über 50 sm anzeigt, ist diese Kombination (Radar für die Nähe, AIS für die Ferne) ideal.

 

Generell möchte ich ein Radar nicht mehr missen. Es leistete wertvolle Dienste bei Nachtfahrten, Einlaufen in Buchten bei Nacht mit vielen Ankerliegern und dem Erkennen von Schlechtwetterfronten sowie deren Zugrichtung.

 

Die Beiboot-Auflage ermöglicht ein rasches und unkompliziertes Handling des Dingis. Es kann alleine und in wenigen Sekunden zu Wasser bzw. an Bord geholt werden.

Festgezurrt reicht es bis auf Rückenhöhe auf der Cockpitbank und bildet ein angenehmes Rückenpolster und (hoffentlich) einen guten Schutz gegen einsteigende brechende Wellen (noch nie erlebt).

 

home: www.sailnsea.com